Erstversorgung direkt nach Geburt
Erstversorgung und stationäre Aufnahme
In unserem letzten Blogartikel haben wir uns bereits mit den Herausforderungen der Unreife
bei Frühgeborenen auseinandergesetzt und warum die Aufnahme auf spezialisierte
Stationen oft unumgänglich ist. Heute möchten wir einen detaillierteren Einblick in das
Geschehen nach der Geburt oder einem Kaiserschnitt geben, in jenen magischen Momenten
der Elternschaft, in denen man sich normalerweise darauf freut, sein Kind endlich
kennenzulernen und in den Armen zu halten.
Es ist wichtig zu betonen, dass die genauen Abläufe und Prozesse in verschiedenen Kliniken
variieren können. Dennoch möchten wir in diesem Blogartikel eine allgemeine Vorstellung
davon vermitteln, wie die Erstversorgung eures Neugeborenen aussieht, welche Eindrücke
es in seinen ersten Lebensstunden sammelt und was alles bei der Aufnahme auf eine
neonatologische Station geschieht. Damit möchten wir euch als Eltern einen Einblick in diese
kritische Phase verschaffen, an der ihr nicht oder nur eingeschränkt teilnehmen könnt.
Die Entscheidung, Ärzte und Pflegekräfte zur Erstversorgung eines Neugeborenen
hinzuzuziehen, erfolgt in einer Vielzahl von Situationen, die die Gesundheit des Babys und
der Mutter gefährden können. Dies geschieht zum einen, wenn das Gestationsalter des
Babys unter 37 Wochen liegt und es somit als Frühgeborenes gilt, zum anderen bei
komplizierten oder längeren Entbindungen, wie etwa bei der Verwendung einer Saugglocke,
bei Mehrlingsgeburten, bei Geburten in Beckenendlage, der Gefahr einer Schulterdystokie
oder bei Kaiserschnitten. Auch in Notsituationen, wie ein pathologischer Herzschlag im CTG,
bei Nabelschnurvorfällen, Infektionen oder beim Vorhandensein von grünem Fruchtwasser
oder bei Blutungen während der Geburt, sind medizinische Experten in der Erstversorgung
unverzichtbar. Die Erstversorgung ist somit ein entscheidender Schritt, um sicherzustellen,
dass die Gesundheit des Neugeborenen und der Mutter gewährleistet ist. In den folgenden
Abschnitten werden wir genauer auf die Schritte der Erstversorgung und die Aufnahme auf
die neonatologische Station eingehen.
Nach der Entscheidung, dass eine medizinische Betreuung notwendig ist, wird das
Neugeborene in die Obhut des ärztlichen und pflegerischen Personals übergeben oder von
der Hebamme in den Erstversorgungsraum begleitet. Sofern die Situation es zulässt, wird
den Eltern die Gelegenheit gegeben, einen kurzen Blick auf ihr Kind zu werfen oder es sanft
zu berühren, um diese ersten Momente des Kontakts zu ermöglichen.
Der erste Schritt in der Erstversorgung erfolgt auf einer vorgewärmten
Erstversorgungseinheit, die mit einem Wärmestrahler und warmen Tüchern ausgestattet ist.
Hier wird das Neugeborene behutsam abgetrocknet, um Wärmeverluste zu vermeiden und
durch diesen Vorgangs die zarten Sinne des Babys zu stimulieren und es zur selbstständigen
Atmung anzuregen.
Im Anschluss erfolgt in der Regel das Abnabeln, bei dem der lange Nabelschnurrest gekürzt
wird, und schmerzfrei Blut aus der Nabelschnur entnommen wird, um einen ersten
Gesundheitsstatus zu ermitteln. Gleichzeitig wird die postnatale Anpassung des Kindes
beurteilt, in der Regel anhand des APGAR-Scores, der Aussehen (Hautfarbe), Puls,
Grundtonus, Atmung und Reflexe bewertet. Ein Monitoring zur Überwachung der
Vitalfunktionen wird etabliert, und je nach Situation wird der Zustand des Kindes stabilisiert.
Dies kann die Öffnung der Atemwege beinhalten, beispielsweise durch das Absaugen von
Verlegungen, das Richten des Kopfes in die richtige Position und gegebenenfalls die Unterstützung der Atmung mit einer Maske oder direkt mit CPAP (Continuous PositiveAirway Pressure) oder Intubation, worauf wir in einem späteren Artikel genauer eingehen wollen.Im Anschluss erfolgt in der Regel die Anlage eines intravenösen Gefäßzugangs, über den das Neugeborene Infusionen erhält, die der Stabilisierung des Kreislaufs und des
Blutzuckerspiegels dienen. In vielen Fällen wird auch eine Magensonde gelegt, um zu
verhindern, dass der Magen des Babys während der Beatmung mit Luft gefüllt wird, um das
Risiko des Erbrechens und einer Aspiration zu minimieren. Später dient diese Magensonde
auch der Nahrungsaufnahme, bis das normale Trinken oder Stillen möglich ist.
In Situationen, in denen der Zustand des Kindes es zulässt und eine gewisse Stabilität
erreicht wurde, wird heute vermehrt versucht, ein besonderes Bonding zwischen Eltern und
ihrem Neugeborenen zu ermöglichen. Dieser wertvolle Moment wird als "Haut-zu-HautBonding" bezeichnet, und erweist sich als äußerst vorteilhaft sowohl für die Eltern als auch
für das Kind.
Während dieses Prozesses wird das stabilisierte Kind, selbst wenn es noch auf
Beatmungsmaschinen, Monitoring und Infusionen angewiesen ist, zur Mutter oder den
Eltern gebracht. Das medizinische und pflegerische Personal betreut und überwacht den
Ablauf, um die Sicherheit des Kindes zu gewährleisten. In dieser intimen Umarmung auf der
Haut der Eltern kann eine starke emotionale Verbindung entstehen, die für die weitere
Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung ist.
Nach der Phase der Erstversorgung, erfolgt die Verlegung des Neugeborenen auf die
spezialisierte Station. Nach dem Transport, wird das Kind, wenn noch nicht erfolgt, bei
Ankunft auf der Station in ein vorbereitetes Wärmebett oder einen Inkubator gelegt, um
eine optimale Umgebungstemperatur aufrechtzuerhalten.
Die Ärzte und Pflegekräfte setzen ihre Bemühungen fort, indem sie das Kind wiegen und
vermessen. Zusätzlich zur kontinuierlichen Überwachung von Herzfrequenz,
Sauerstoffsättigung, Blutdruck und Temperatur werden weitere diagnostische und
therapeutische Maßnahmen durchgeführt. Dazu gehören Blutentnahmen zur Überwachung
der Laborwerte, Abstriche, um Keimbesiedelungen zu erkennen, und je nach Bedarf
Ultraschall- oder Röntgenuntersuchungen.
Verschriebene Medikamente werden verabreicht, Infusionen angepasst, und die ersten
Nahrungs-/ Kolostrumgaben erfolgen. Bei Bedarf werden auch zentrale Katheter über die
Vene oder die Nabelschnur gelegt, um eine bessere Versorgung und Überwachung zu
gewährleisten.
Diese Maßnahmen werden möglichst zeitnah nach der Aufnahme auf der Station
durchgeführt, um das Kind nach der aufregenden Zeit in Ruhe ankommen zu lassen. Später
haben die Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder auf der Station zu besuchen und, wenn
möglich, erneut kostbare Kuschelzeit mit ihnen zu verbringen.
Die Station ist nicht nur ein Ort der medizinischen Versorgung, sondern auch ein Ort des
Trostes und der Unterstützung, wo das Wohl des Kindes und die Bedürfnisse der Eltern im
Mittelpunkt stehen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass das medizinische Personal in diesen Momenten äußerst
gewissenhaft arbeitet, um die Gesundheit und das Wohlbefinden eurer Kinder zu
gewährleisten und um den kleinen Kämpfern und Kämpferinnen den Start ins Leben so
positiv wie möglich zu gestalten.
Mit diesem Artikel ist es uns hoffentlich gelungen, euch einen Einblick in die entscheidende
Zeit zu geben, in der ihr als Eltern oft noch nicht bei eurem Neugeborenen sein könnt. Die
Erstversorgung und die Aufnahme auf die neonatologische Station sind Momente, die von
großer Bedeutung sind und mit vielen Emotionen und Fragen verbunden sind. Wir hoffen,
dass wir euch mit diesem Artikel etwas Klarheit über die Abläufe und Herausforderungen in
dieser Phase geben konnten.
Quellen: Quellen:
Teisig, D., Jipp, H.: Neonatologische und pädiatrische Intensiv- und Anästhesiepflege.Berlin,
Springer; 2016.
Genzel-Boroviczény, O., Nussbaum, C.: Checkliste Neonatologie. Stuttgart, Thieme; 2021.